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Folge 3 von Helvetismen - Schweizerdeutsch und seine Besonderheiten

Veröffentlicht: 04. April 2021

Wer ahnungslos aus Deutschland in die Schweiz kommt, hat schnell den Eindruck, dieses Schwiizerdütsch versteht man doch ganz gut. In Wirklichkeit ist es aber das, was Schweizer unter Hochdeutsch verstehen. Schweizer können zwar sehr schnell auf Hochdeutsch umstellen, werden aber dennoch oft falsch verstanden. Schuld sind die Helvetismen. Nicht jeder Begriff bedeutet in der Schweiz das Gleiche wie in Deutschland. In der dritten Folge, der nicht ganz ernst gemeinten Reihe, machen wir mit der Eisenbahn einen Ausflug in die Schule und im Anschluss einen kleinen Stadtbummel.

Im Folgenden findet ihr den Inhalt des Videos auch in Textform. Unterhaltsamer und Bildreicher ist natürlich das Video.

Unterwegs mit der Eisenbahn

Wer mit dem Zug unterwegs ist, wird feststellen, dass in diesem Bereich auch jede Menge Begriffe aus der französischen Sprache Ihren Weg in das Schweizer Schriftdeutsch gefunden haben. Das geht schon los, wenn man am Bahnhof angekommen ist. Hier ist nichts mit Gleis Nummer so und so angeschrieben, sondern mit Perron. Vor der Abfahrt sollte man unbedingt auch noch ein Billet lösen und kein Ticket kaufen. Das Rückfahrticket wäre dann das Retourbillet und hat nichts mit einem Rückgaberecht zu tun. Dieses wird im Zug gern vom Kondukteur kontrolliert. In Deutschland wäre, dass vielleicht bis auf in Baden Württemberg, der Zugbegleiter bzw. die Zugbegleiterin. In der Schweiz gibt es, im Gegensatz zu Frankreich, mit dem Wort Kondukteuse sogar eine weibliche Bezeichnung dafür.

Wer das Ticket zum halben Preis gekauft hat, sollte dann an dieser Stelle ein Halbtax vorweisen können, was vergleichbar mit der Bahncard 50 ist. Nicht wenige Schweizer brauchen gar kein Ticket kaufen, da sie ein Generalabonnement besitzen. Dieses hat nichts mit dem Militärdienst zu tun, sondern ist wie eine Bahncard 100. Mit diesem Abo, was auch umgangssprachlich gern GA bezeichnet wird, löst man quasi, mit einem jährlichen Beitrag eine Flatrate für den gesamten Schienenverkehr. Zum Teil kann man damit auch einige Bergbahnen und Schiffe gratis oder mit Vergünstigung fahren. Wird jetzt zum Autoverlad angehalten, wird keine Pause eingelegt um Autofahrern einen Streich zu spielen. Besonders im Winter werden vor einigen Gebirgsstrecken hier gern Autos auf den Zug geladen. Da die Passstrassen aufgrund der Jahreszeit gesperrt sind, ist dies eine gute Möglichkeit für Autofahrer abgelegene Gebiete zu erreichen bzw. Fahrstrecken deutlich abzukürzen.

In der Schule

Bei den Schulnoten geht es zwar jetzt nicht direkt um Helvetismen, aber hier kann man durchaus den Eindruck bekommen, dass die Schweizer uns es absichtlich schwer machen wollen. Das Bewertungssystem ist nämlich genau umgekehrt. Die beste Note in der Schweiz ist keine 1, sondern eine 6. Das ist noch einfach und wahrscheinlich auch den meisten bewusst. Richtig gemein wird es aber bei den Bezeichnungen der Schulen. Auf das Schulsystem selbst gehe ich jetzt hier aber nicht im Detail ein, da es hier nur um die Begrifflichkeiten selbst geht. Mir ist schon bewusst, dass es da noch weit mehr Unterschiede gibt.

Die Mittelschule bzw. Kantonsschule verwechseln Deutsche schnell mal mit der deutschen Hauptschule, in der Schweiz handelt es sich hierbei aber um die letzten Schuljahre des deutschen Gymnasiums. Viele Schweizer Schüler sind aber nett und bezeichnen diese mittlerweile umgangssprachlich als Gymi. So dass wir Deutsche es auch verstehen. Die Sekundarschule ist in etwa das was in Deutschland die Realschule ist. Um die Verwirrung komplett zu machen gibt es die Realschule auch in der Schweiz, ist aber am ehesten mit der deutschen Hauptschule bzw. Mittelschule vergleichbar. Alle Achtung an alle, die mir noch folgen konnten und nicht total durcheinander gekommen sind. Ich selbst hatte es beim Aufschreiben dieser Zeilen zwischendurch aufgegeben. Als höchsten Schulabschluss wird in der Schweiz die Matura angestrebt und nicht das Abitur. Wer den Schulabschluss geschafft hat, wird dann als Maturant und nicht als Abiturient bezeichnet.

Wenn wir es jetzt geschafft haben in der richtigen Schule anzukommen, sind wir noch nicht fertig. Tönt der Lehrer den nächsten Test an, geht es nun nicht unbedingt um Musik. Sondern nur um eine vorsichtige Andeutung. Bezeichnet er diesen dann als Knacknuss, sollten wir wissen, dass wir uns richtig reinhängen sollten. Dieser Test wird richtig schwer und hat nicht zwingend mit Biologie zu tun. Wer sich dann trotz Ankündigung sich nicht darauf vorbereitet hat, dem kann es passieren, dass er beim Test viel werweissen muss. Was so viel wie hin und her raten bedeutet. Wem jetzt dagegen ein Knopf aufgeht, steht nicht mit offenem Hosenstall da, sondern ist ein Licht aufgegangen und wird wohl die Aufgabe richtig lösen. Bestehen wir diesen Test dann richtig gut, hat der Lehrer einen Aufsteller für uns. Das bedeutet er hat eine gute Nachricht. Jetzt könnten wir in Versuchung geraten damit zu plagieren, was nichts weiter ist als prahlen.

Beim Stadtbummel

Nach dem ganzen Stress versuchen wir uns jetzt ein wenig bei einem gemeinsamen Stadtbummel zu entspannen. Als unbedarfter Deutscher könnten wir jetzt aber auch auf ein paar merkwürdig angeschriebene Läden stossen. Der Coiffeur ist ein ganz normaler Friseur, wenn es auch deutlich edler klingt. Auch eine Papeterie macht vom Namen her einen sehr teuren Eindruck, ist aber lediglich ein Schreibwarengeschäft. Ein Brockenhaus ist kein Spezialgeschäft für Lexika, was ja auch nicht mehr zeitgemäss wär. In der Schweiz handelt es sich hier um ein Gebrauchtwarenladen. Der Schweizer geht im übrigen Posten, dabei möchte er nicht zur Post ein Paket aufgeben, sondern geht einfach Einkaufen. Das Wort kommt vermutlich noch aus vergangen Zeiten, als man noch alle Posten auf der Einkaufsliste einzeln abgearbeitet hat. Der Einzelhandel heisst hier im übrigen Detailhandel und hat nichts mit der Schweizer Liebe zum Detail zu tun.

Sind wir nun mit einer Schweizer Freundin in der Stadt unterwegs kann ein Besuch in der Parfümerie einen völlig falschen Eindruck vermitteln. Wenn Sie davon spricht, dass ein bestimmtes Eau de Toilette besonders gut schmöckt, wird sie es nicht getrunken haben. Im Schweizer Sprachgebrauch gibt es einfach kein Äquivalent zum deutschen riechen, sie meint einfach das es gut duftet. Um etwas zu kaufen, kann es vorkommen, dass wir noch etwas Bargeld benötigen. In der Schweiz klingt das nach einer grossen Befreiungsaktion. Hier wird Geld aus dem Automaten rausgelassen und nicht Geld abgehoben. Achten wir beim Einkaufsbummel zu übertrieben auf den Preis könnten wir als Rappenspalter auffallen, was heisst wir sind dann zu knausrig und fallen als Pfennigfuchser auf. Macht auch ja auch Sinn, schliesslich gibt es in der Schweiz keinen Pfennig. Da fällt mir auf, den gibt’s ja in Deutschland auch nicht mehr. Sollten wir also in unserem Sprachgebrauch endlich modernisieren.

Umgangssprachliche Ortsnamen

Zum Abschluss möchte ich noch eine regionale Besonderheit in der Schweizerdeutschen Umgangssprache ansprechen. Es kann durchaus vorkommen, dass unser Schweizerdeutschen Freunde, im Gespräch Orte erwähnen, die wir nirgendwo so auf der Landkarte entdecken werden. Man könnte es fast als regionale Geheimsprache bezeichnen. Den Schweizer, die nicht aus der entsprechenden Gegend sind, kenne diese auch nicht unbedingt. Ich nenne euch als Beispiel, ein paar der mir bekannten Ortsnamen, die im Sprachgebrauch anders bezeichnet werden. Burri ist der Ort Buchrain. Hofdere ist Hochdorf. Eibu ist Inwil, Deret ist St. Erhard, Baubu ist Ballwil, Meuster ist Beromünster, Honeri ist Hohenrain, Rusmu ist Ruswil, Nüderef ist Neudorf und Ridu ist Richenthal. Es kann also ratsam sein, dass wir als Deutsche bei uns unbekannten Orten lieber einmal zu viel nachfragen. Sonst werden wir nie erfahren von welchem Ort gesprochen wird und kommen womöglich noch im falschen Ort an.

Kennt ihr noch weitere Helvetismen? Schreibt es mir auf YouTube in die Kommentare. Wenn euch das Video gefallen hat, würde ich mich über ein Like und ein Abo freuen. Fleissig teilen nicht natürlich nicht vergessen!

Noch mehr Schweizdeutsch gibt es im Online Schweizerdeutsch Wörterbuch von About Swiss. Viel Freude beim stöbern und reinhören.


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