Auswandern in die Schweiz: Was passiert mit Krankenkasse und Rente?
Ein Spitzensteuersatz von gerade einmal 11,5 % und deutlich höhere Einkommen: Eckdaten, die viele Gutverdiener, aber auch Geringverdiener, die ein neues berufliches oder privates Glück suchen, ins Land der Berge und Seen locken. Doch was passiert eigentlich mit dem Rentenanspruch? Und muss man sich in der Schweiz neu krankenversichern?
Finanz-Eldorado Schweiz?
Trotz der rund 53 % höheren Preise für Waren und Dienstleistungen (im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland) können sich Schweizerinnen und Schweizer mehr leisten als ihre direkten Nachbarn aus Deutschland. Grund sind die höheren Einkommen und vergleichsweise niedrigen Steuern.
Wer jedoch blauäugig in die Schweiz auswandert, könnte schnell sein ebenso blaues Wunder erleben. Denn trotz der augenscheinlich besseren Finanzlage für Eidgenossen, gibt es wie überall auf der Welt Regeln zu beachten. Das betrifft zum Beispiel die gesetzliche Altersvorsorge sowie die Krankenversicherungspflicht.
Krankenversicherung auch in der Schweiz obligatorisch
Personen, die dauerhaft in der Schweiz leben, also dort ihren Hauptwohnsitz haben, müssen sich zwingend auch in der Schweiz krankenversichern. Das Gesetz sieht eine obligatorische Grundversicherung vor, die Basisleistungen abdeckt. Die Leistungen sind bei allen Krankenkassen identisch - die Prämien unterscheiden sich jedoch enorm von Versicherung zu Versicherung.
Auch die Selbstbeteiligung (Franchise) und der Wohnort bestimmen die Prämienhöhe. Wir empfehlen unseren Klienten daher immer, einen ausführlichen Vergleich aller Krankenkassen durchzuführen.
Wer mehr Leistung möchte, kommt um eine optionale Zusatzversicherung nicht herum. Eine Aufnahmepflicht besteht hier, anders als in der obligatorischen Grundversicherung, allerdings nicht.
Auch Grenzgänger von Pflichtversicherung betroffen
Was für Personen mit dauerhaftem Hauptwohnsitz in der Schweiz gilt, das gilt ebenso für alle, die in der Schweiz den Hauptteil ihres Geldes verdienen - also beispielsweise für Deutsche, die zum Arbeiten über die Grenze pendeln.
Wer die höchste Selbstbeteiligung von 2’500 Franken und ein rabattiertes Versicherungsmodell wählt, kann sich bereits für rund 300 Franken monatlich versichern. Mit einer geringeren Franchise und im Standard-Modell werden hingegen schnell über 500 Franken pro Monat fällig.
Wichtig: In der Schweiz muss man sich eigenständig um den korrekten Versicherungsschutz bemühen. Nicht bezahlte Beiträge werden rückwirkend erhoben.
Basis-Altersvorsorge meist nicht ausreichend
Wer auch seinen Ruhestand in der Schweiz verbringen oder gar vorzeitig aus dem aktiven Berufsleben ausscheiden möchte, sollte sich ausführlich über die in der Schweiz geltenden Regularien informieren.
Grundlegend sind alle in der Schweiz lebenden Personen gesetzlich in der sogenannten Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) versichert. Bei Angestellten werden die Beiträge automatisch vom Lohn einbehalten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich diese. Selbstständigerwerbende müssen sich hingegen selbst um die Beitragszahlungen kümmern.
Die staatliche Versicherung übernimmt klassische Altersleistungen (ohne Abzüge im ordentlichen Rentenalter von 64 Jahren bei Frauen und 65 Jahren bei Männern) sowie Leistungen bei Invalidität. Auch Hinterbliebene sind im Fall der Fälle abgesichert.
Pensionskasse als Ergänzung zur AHV/IV
Nicht-Selbstständigerwerbende sind ab einem BVG-Mindestjahreslohn von aktuell 21’330 Franken pro Jahr zusätzlich über eine berufliche Vorsorgeeinrichtung (Pensionskasse) versichert. Selbstständige haben die Möglichkeit, sich freiwillig einer solchen Einrichtung anzuschliessen. Ob sich das lohnt, muss jedoch auf Basis der individuellen Situation entschieden werden. Schliesslich stehen darüber hinaus auch private Vorsorgeoptionen als Möglichkeiten im Raum. Eine davon, die Säule 3a (gebundene Vorsorge), ist sogar steuerlich begünstigt.
Private Altersvorsorge in der Schweiz ein Muss
Aufgrund der hohen Lebenskosten reichen staatliche und berufliche Altersvorsorge selbst in Kombination selten aus, um den Lebensstandard zu halten oder gar zu verbessern. Wer deshalb auf die Idee kommt, im Alter wieder die Schweiz zu verlassen und vom hohen Einkommen der Jahre zuvor zu profitieren, muss genau hinsehen. Wandert man später wieder in einen EU- oder EFTA-Staat aus, ist beispielsweise der Bezug der Pensionskasse auf den überobligatorischen Teil beschränkt.
Steuerlich begünstigte Vorsorge für Arbeitnehmer und Selbstständige
Mit der Säule 3a (gebundene Altersvorsorge) hat der Gesetzgeber eine Möglichkeit geschaffen, Vorsorgelücken durch eine private Vorsorge zu schliessen und gleichzeitig Steuern zu sparen.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Selbstständige ohne Pensionskasse dürfen den “kleinen Betrag” einzahlen und steuerlich geltend machen. Dieser liegt aktuell bei 6’883 Franken pro Jahr. Selbstständige ohne Pensionskasse können bis zu 20 % ihres Nettoeinkommens, maximal jedoch 34’416 Franken pro Jahr, in die Säule 3a einzahlen und vom steuerbaren Einkommen abziehen.
Als Anlageformen kommen Vorsorgeversicherungen mit einer Versicherung (zum Beispiel fondsgebundene Vorsorgepolicen) oder Vorsorgevereinbarungen mit einer Schweizer Bank (strukturierte Produkte, Vorsorgekonten, Vorsorgefonds etc.) infrage.
Was passiert mit den bereits in Deutschland gezahlten Rentenversicherungsbeitrag?
Grundlegend gilt, dass sämtliche Anwartschaften in Deutschland erhalten bleiben, allerdings nicht in die Schweiz übertragen werden. Die Schweizer Rente wird also zusätzlich erworben.
Wichtig dabei: Die volle Schweizer Rente erhält man genau wie in Deutschland nur, wenn man keine beitragsfreien Jahre aufweist. Einwanderer sollten sich deshalb überlegen, etwaige Vorsorgelücken auf freiwilliger Basis zu schliessen. Das funktioniert unter anderem mit zusätzlichen Einkäufen in die Pensionskasse sowie einer freien Altersvorsorge in der 3. Säule des Schweizer Vorsorgesystems.
Fazit: Im Zweifel professionell beraten lassen
Ein Umzug in die Schweiz kann sich lohnen - allerdings nur, wenn man die Regularien kennt, diese mit den eigenen Vorstellungen und Zielen abwägt und sich auf Basis seiner persönlichen Situation bewusst für ein Leben in der Schweiz entscheidet. Wer es wirklich ernst meint mit dem Auswandern, sollte sich am besten professionell und vor allem unabhängig beraten lassen, um von vornherein die richtigen Entscheidungen zu treffen.