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Folge 2 von Helvetismen - Schweizerdeutsch und seine Besonderheiten

Veröffentlicht: 25. Oktober 2020

Wer ahnungslos aus Deutschland in die Schweiz kommt, hat schnell den Eindruck, dieses Schwiizerdütsch versteht man doch ganz gut. In Wirklichkeit ist es aber das, was Schweizer unter Hochdeutsch verstehen. Schweizer können sehr schnell auf Hochdeutsch umstellen, werden aber dennoch oft falsch verstanden. Schuld sind die Helvetismen. Nicht jeder Begriff bedeutet in der Schweiz das Gleiche wie in Deutschland. In der zweiten Folge, dieser nicht ganz ernst gemeinten Videoreihe, geht es um die Themen "Im Strassenverkehr", "Bei der Arbeit" und "In der Gaststätte".

Im Folgenden findet ihr den Inhalt des Videos auch in Textform. Unterhaltsamer und Bildreicher ist natürlich das Video. Kennt ihr noch weitere Helvetismen? Schreibt es mir auf YouTube in die Kommentare. Wenn euch das Video gefallen hat, würde ich mich über ein Like und ein Abo freuen.

Im Strassenverkehr

Im Strassenverkehr kommt es überall auf der Welt schnell zu Missverständnissen. In der Schweiz finden sich dazu auch noch jede Menge Helvetismen. Welche das Ganze nicht unbedingt einfacher machen. Wer zu Unrecht eine Strasse für Anstösser benutzt kann gebüsst werden. Dieser Satz ergibt für die meisten Deutschen zunächst keinen Sinn. Anstösser klingt eher etwas anrüchig und gebüsst nach einer unklaren Strafe. Dabei geht es nur darum, dass man bei wiederrechtlicher Benutzung der Strasse für Anlieger einen Strafzettel riskiert. Bei ganz groben Vergehen im Strassenverkehr riskiert man das Billet abzugeben. Was nichts weiter als der Führerschein ist, aber natürlich tragisch wäre. Achtung Verwechslungsgefahr! Das Billet kann je nach Zusammenhang auch die Fahrkarte bzw. ein Ticket sein. Das Rotlicht hat nichts mit dem Rotlicht-Milleu zu tun, sondern ist lediglich die Ampelanlage. Dabei ist egal welche Farbe diese gerade anzeigt. Für die Reparatur oder den Pneuwechsel, was nichts weiter als ein Reifenwechsel ist, bringt man in der Schweiz sein Auto in die Garage. In Deutschland versteht man darunter einen für das Auto überdachten meist verschliessbaren Abstellplatz. Was aus deutscher Sicht für eine Reparatur wenig Sinn macht. In der Schweiz handelt es sich bei einer Garage aber um eine Werkstatt oder ein Autohaus. Was natürlich für eine Reparatur absolut Sinn macht. Auch bei den Fahrzeugen gibt es jede Menge Begriffe, die ein Deutscher meist nicht kennt oder falsch versteht. Der Car hat nichts mit dem englischen Begriff für Auto zu tun, hierbei handelt es sich um einen Reisebus. Das Auto wird in der Schweiz eher als PW bezeichnet und hat nicht weniger Kraft als ein PKW aus Deutschland, eher im Gegenteil. Das Postauto ist zwar der Nachfolger der Postkutsche und transportiert auch heute noch Post, aber in erster Linie handelt es sich hier um ein Überlandbus. In ein paar der grösseren Städten trifft man auf ein Tram, dieses ist nicht nur für Tramper gedacht, sondern ist einfach die Strassenbahn und für alle zugänglich. Der Camion bezeichnet einen Laster und der dafür zuständige Berufsfahrer ist der Chauffeur und befördert nicht nur die oberen Zehntausend. Zwischen Töff und Töffli liegen jede Menge PS. Der Töff ist ein Motorrad und das Töffli ein Moped bzw. Mofa. Auf dem Trottoir, was der Bürgersteig ist trifft man ab zu ein Trottinett an, was wiederrum ein Tretroller bzw. Kickboard ist.

Bei der Arbeit

Wer es nun durch den Verkehr auf die Arbeit geschafft hat, den erwarten nun weitere Missverständnisse und ein paar ganz verrückte Redewendungen. Die kürzere Bezeichnung Kollege gilt nicht dem Arbeitskollegen, sondern nur den eigenen Freunden. Die Lehrtochter ist nicht unbedingt mit jemanden im Betrieb verwand, sondern die Auszubildende. Für die Lehrlinge im Allgemeinen wird auch ab und zu der eher abwertende Begriff Stift verwendet. Wenn man jetzt mitbekommt, dass jemand davon spricht, dass er heute neben den Schuhen steht, soll das nicht heissen, dass dieser Barfuss unterwegs ist, sondern nicht bei der Sache bzw. nicht gut drauf ist. Wer dagegen speditiv ist, arbeitet nicht unbedingt in der Logistik, sondern ist einfach effizient bzw. kommt rasch voran. Keine Angst vor der Personalmutation, hierbei handelt es sich lediglich um die Zu- und Abgänge beim Personal. Neue Mitarbeiter bekommen am Anfang gern mal eine Wegleitung. Das ist kein Routenplan durch das Gebäude, sondern ein Leitfaden. In der Schweiz wird, wie im süddeutschen Raum, vom Schaffen gesprochen und nicht vom Arbeiten. Übrigens - Schweizer machen keinen Urlaub, sondern nur Ferien. Urlaub gibt es nur im Militär. Wo wir gerade beim Thema sind, eine Absenz ist kein Ausschlag, hingegen einfach das Fernbleiben von der Arbeit. Das kann eine Schulung, Krankheit oder eben die Ferien sein. Wer vom Pult spricht meint den Schreibtisch. Der Bostitch ist kein einem noch nicht bekannter Arbeitskollege, sondern nur der Tacker. Bekommt man jetzt ein Ämtli zugesprochen, ist das nichts hochoffizielles, vielmehr handelt es sich hier um eine kleine wiederkehrende Aufgabe bzw. Nebentätigkeit. Übrigens, einen Unterschied zwischen Lohn und Gehalt kennt man in der Schweiz nicht. Ein Pendenzenberg ist kein Ausflugsziel, sondern ein Berg unerledigter Aufgaben. Kunden verlangen oft eine Offerte, hierbei handelt es sich um ein schriftliches Angebot. Apropos Angebot. Man wird im wieder zu hören bekommen. Ich geb dir noch ein Telefon. Die Schweizer sind nicht alle so extrem wohlhabend, dass sie ständig Telefone verschenken. Das heisst einfach nur, dass man später angerufen wird. Wenn der Chef jetzt meint, dass man pressieren soll, meint er lediglich, dass man sich beeilen soll. Wenn man jetzt gegen Feierabend von Arbeitskollegen gefragt wird, ob man danach gern einen ziehen gehen möchte. Ist das nichts Kriminelles oder ein merkwürdiges Spiel. Man wird einfach gefragt ob man nicht später Lust hätte etwas trinken zu gehen.

In der Gaststätte

Kneipen und einfachere Gaststätten heissen in der Schweiz Beiz. Der Begriff hat nichts mit der Oberflächenbehandlung zu tun, sondern kommt vom österreichischen Beisel. Was wiederum seinen Ursprung aus dem hebräischen Begriff für Haus (bajit) hat. In der Beiz angekommen freut man sich nun auf ein kühles Getränk. Als deutscher bestellt man jetzt gern mal ein Bier. Nun kommt die Serviertochter, sie ist nicht unbedingt mit dem Besitzer der Beiz verwand, sondern lediglich die Kellnerin. Bei der Bierbestellung wird diese dann schnell eine Nachfrage stellen. Eine Stange? In diesem Fall hat sie einen nicht falsch verstanden und möchte einem eine Grosspackung Zigaretten bringen, sondern sie fragt lediglich wegen der Grösse des Biers nach. Eine Stange ist in der Schweiz ein mittleres Bier mit 0.3. Wem das nicht genügt kann auch gleich einen halben Liter mit dem Begriff Kübel bestellen. Ein ganz kleines Bier mit 0.2 kennt man als Herrgöttli. Ein Panaché ist im Übrigen ein Radler bzw. Alster. Wer kein Bier mag kann auch ein Einerli bestellen, was 1dl Glas Wein ist. Auch auf der Speisekarte lauern jede Menge Stolpersteine. Rüebli sind Karotten. Beim Thon handelt es sich nicht um Lehm nur um bereits verarbeiteten Thunfisch. Ein Gipfeli ist kein kleiner Berg, sondern ein Croissant. Anke ist nicht der Name der Serviertochter jedoch die Butter. Beim Glacé handelt es sich um Speiseeis und der Kartoffelstock ist einfach Kartoffelpüree. Aufgepasst beim Käsekuchen. Im Gegensatz zu Deutschland ist wirklich meistens Käse drin und es handelt sich eher um eine Herzhafte Quiche bzw. Wähe. Den süssen Quarkkuchen kennt mehr eher unter dem englischen Begriff Cheesecake. Wer jetzt noch Lust auf ein Kaffee hat, muss wieder aufpassen. Eine Schale ist kein grosser Kaffee, sondern ein Milchkaffee. Kaffee fertig ist kein Instantgetränk, sondern ein Kaffee mit Schnaps. Weitere Verwechslungsgefahren zum Thema Essen gibt es noch im ersten Teil dieser Serie.

Kennt ihr noch weitere Helvetismen? Schreibt es mir auf YouTube in die Kommentare. Wenn euch das Video gefallen hat, würde ich mich über ein Like und ein Abo freuen.


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