Lebensmittelpunkt verlagern und internationaler Wochenaufenthalt

  • Hallo zusammen


    wie unschwer zu erkennen ist: Ich bin neu hier. Daher stelle ich mich kurz vor:


    Ich bin Deutscher Staatsbürger seit Geburt und bin vor mehr als 13 Jahren in die Schweiz eingewandert. Damals lief das noch mit Kontingenten und so - ich bin eben schon 2-3 Jahre dabei. Unterdessen bin ich hier sehr heimisch geworden, habe meine Frau vor 5 Jahren "nachgeholt", wir haben ein gemeinsames Kind und ich bin Arbeitnehmer der eigenen Aktiengesellschaften und beziehe nur von Schweizerischen Gesellschaften ein Salär. Bis hier ist alles gut und einfach :winking_face:


    Nun ist es so, dass mein Frau sich nichts sehnlicher wünscht als in Polen ihre Notariatsprüfung abzulegen. Das ist leider keine Sache von nur 1-2 Wochen, sondern dauert total mindestens 3 Jahre inkl. Schulbesuch und Prüfungen. Aktuell arbeitet sie in einer meiner Firmen. Sie hat in der Vergangenheit sehr viel für mich geopfert und ihre Interessen den Meinen deutlich nachgestellt. Aus diesem Grund habe ich ihr gesagt, dass wir da einen Weg finden würden. Genau diesen suche ich gerade - und ich würde mich freuen, wenn ihr mich unterstützen könntet.


    Um das Ganze noch etwas komplizierter zu machen: Ich habe im vergangenen Jahr (da wusste ich davon noch nichts) ein Einbürgerungsgesuch gestellt und nach 3 Monaten die Zusicherung des Gemeindebürgerrechts erhalten. Noch in diesem Jahr werde ich (auf Grund der Jahresfrist des Kantons) die Zusicherung oder Ablehnung des Kantonsbürgerrechts erhalten. Wenig später bin ich dann wahrscheinlich "Papierli Schweizer".


    Mein Ziel ist, dass sich meine Frau sich ihren Traum erfüllen kann. Danach hoffe ich, dass wir mit viel guter Laune und erfüllten Träumen zurückkehren. Ich rechne (leider) damit, dass ich total etwa 5 Jahre unseren familiären Lebensmittelpunkt nach Polen verlegen werde. Das ist zu lange für eine Entsendung und, obwohl ich mich freier organisieren kann als ein gewöhnlicher Angestellter, muss mich dennoch regelmässig unter der Woche in der Schweiz aufhalten. In der ersten Zeit gehe ich davon aus, dass ich nur am Wochenende nach Polen fahre. Im Idealfall kann ich das reduzieren, aber ich schätze dass ich über die ganzen 5 Jahre durchgehend mehr als 50% aus der Schweiz arbeite.


    Nach etwas Recherche und Konsultationen von Buchhaltern und Treuhändern bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich wahrscheinlich einen Internationen Wochenaufenthalter Status anstreben muss. Da ich die meiste Zeit in der Schweiz arbeite ist eine Entsendung wohl wenig sinnvoll und auch die zeitliche Frist von maximal 2 Jahren wird wohl nicht ausreichen. Zudem möchte ich eine sehr offizielle und korrekte Lösung. Das liegt unter anderem daran, dass ich berufsbedingt regelmässig durchleuchtet (PSP).



    Anmerken möchte ich, dass ich durchaus ein schlechtes Gewissen meiner Einbürgerungsgemeinde gegenüber habe. Zu dem Zeitpunkt des Einbürgerungsgesuchs gab es für mich aber keinen Hinweis darauf, dass das passieren könnte. Und so ist es nunmal im Leben: Da läuft es nicht immer alles ganz glatt.


    Meine Idee ist nun die folgende:

    • Ich werde meinen Hausstand in der Schweiz drastisch verkleinern und statt des bis vor drei Monaten angestrebten Einfamilienhauses in eine kleine 1-2 Zimmer Wohnung umziehen. Mein neues Domizil für unter der Woche.
    • Zeitgleich wird die Sanierung eines Hauses in Polen abgeschlossen und ich werde dort mit Frau und Kind offiziell einziehen und mich anmelden.
    • In der Schweiz werde ich daraufhin kommunizieren, dass ich von nun an meiner Lebensmittelpunkt in Polen habe und die entsprechenden Belege beibringen. Ich denke, dass das kein grösseres Problem sein dürfte, wenn man am "neuen Wohnort" Immobilien, eine Firma, die neue KiTa und die Notariatsschule nachweisen kann - samt der Fahrten zwischen Polen und der Schweiz.

    Kann es bei diesem Vorgehen Probleme geben? Ich Frage lieber erst einmal hier, um mich nicht direkt der Steuerverwaltung offenbaren zu müssen.


    Meiner Gemeinde/meinem Kanton gegenüber ist das wahrscheinlich die fairste Lösung, da ich ja neu zumindest mein Einkommen weiter an der Quelle in der Schweiz besteure. Sollten sie das ablehnen, könnte ich mich auch von einer Polnischen Aktiengesellschaft anstellen lassen, die einer meiner Schweizerischen Aktiengesellschaften gehört. Das würde mir sogar Geld sparen, da ich in Polen weniger Steuern zahlen würde (ich habe feststellen müssen, dass sie Quellensteuertarife auch recht progressiv sind). Im Grunde stehe ich aber auf dem Standpunkt, dass man die Steuern da bezahlen soll wo die Wertschöpfung generiert wird (deshalb habe ich auch generell etwas Mühe mtit dem nationalen Wochenaufenthalt). In dem Fall der Quellenbesteuerung könnte ich die Fahrtkosten ja wahrscheinlich teilweise steuerlich geltend machen (offenbar geht das ja, obwohl ich trotz > 120k Salär nicht mehr Nachveranlagt werden würde). Andernfalls würde die Firma die Fahrtkosten übernehmen.


    Wie seht ihr meinen Fall? Habe ich da etwas entscheidendes in meinen Überlegungen vergessen? Ab wann würdet ihr die Abklärung mit den Behörden starten?

  • Leider hat offenbar niemand vergleichbare Probleme. Ich habe mich nun entschlossen per Ende Januar ein Treffen mit meinem privaten Treuhänder und dem meiner Firmen zu machen. Das Ziel wird es sein den nationalen Steuerbehörden (CH und PL) drei Szenarien zu unterbreiten und verbindliche Auskünfte einzuholen (Steuerruling). Das wird gemäss Treuhänder eine Weile dauern... Danach werde ich entscheiden was ich mache.

  • Ich verstehe nicht wie Du auf eine Quellenbesteuerung kommst, wenn Du zeitgleich ein Einbürgerungsgesuch gestellt hast. Das erfordert die Bewilligung C und macht eine Quellenbesteuerung damit hinfällig.


    Zudem empfiehlt sich ein Blick in das DBA Polen Schweiz, da ist unter Punkt 2.a. von "die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat" die Rede wenn es um die Festlegung der Ansässigkeit geht. Deine temporäre Verlagerung nach Polen unter Beibehaltung der Firmenstruktur und Anstellung in der Schweiz könnte die wirtschaftlichen Beziehungen stärker gewichten, so dass Du in der Schweiz ansässig bleibst. Hier verstehe ich auch nicht, wenn eine spätere Rückkehr ohnehin geplant ist, warum nicht die Einbürgerung einfach abgewartet wird. Warum genau willst Du Dich in Polen "anmelden"? Das Modell "Du lebst in der Schweiz und fährst Frau und Kind die in Polen leben am WE besuchen" wäre doch das pragmatischste und käme der gelebten Praxis am nächsten.


    Zu Bedenken sind weiter Auswirkungen auf die AGs, insofern es "Eure" AGs im Sinne der Anteilseigner und der Verwaltungsräte sind. Hier kann eine Verlagerung der Ansässigkeit ins Ausland auch nicht vorgenommen werden, da eine Schweizerische AG immer durch einen Verwaltungsrat oder Direktor mit schweizerischem Wohnsitz als Inhaber einer Einzelzeichnungsvollmacht vertreten sein muss.

  • Danke Dir Für Deinen Beitrag.

    Ich verstehe nicht wie Du auf eine Quellenbesteuerung kommst, wenn Du zeitgleich ein Einbürgerungsgesuch gestellt hast. Das erfordert die Bewilligung C und macht eine Quellenbesteuerung damit hinfällig.

    Als Internationaler Wochenaufenthalt wäre mein Steuerrechtlicher Wohnsitz nicht mehr in der Schweiz (vgl. auch hier). Somit käme die Quellensteuer zur Anwendung (für die in der Schweiz geleistete Arbeit). Sofern die Einbürgerung bis dahin durch ist, ist das egal. Ansonsten würde ich meine Niederlassungsbewilligung verlieren. Soweit bisher meine Auskunft.


    Zudem empfiehlt sich ein Blick in das DBA Polen Schweiz, da ist unter Punkt 2.a. von "die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat" die Rede wenn es um die Festlegung der Ansässigkeit geht. Deine temporäre Verlagerung nach Polen unter Beibehaltung der Firmenstruktur und Anstellung in der Schweiz könnte die wirtschaftlichen Beziehungen stärker gewichten, so dass Du in der Schweiz ansässig bleibst.

    In Polen habe ich ebenfalls eine Aktiengesellschaft (die der Schweizer Aktiengesellschaft gehört) und zwei Gebäude. Das Firmengebäude und (bald) ein privates Haus, dass ich von den Schwiegereltern übernehmen werde. Aber eben: Um diese "Gewichtung" verbindlich abzukären, brauche ich eine schriftliche Zusage der Behörden. Sonst ist mir das zu gefährlich.

    Hier verstehe ich auch nicht, wenn eine spätere Rückkehr ohnehin geplant ist, warum nicht die Einbürgerung einfach abgewartet wird.

    Ich gehe davon aus, dass die Einbürgerung bis zum Sommer durch ist. Falls nicht, wird mich das höchstens am Rand beeinflussen. Ich habe hier das Gesuch gestellt, weil ich mich mit dem Land identifiziere - nicht, um etwaige Voreteile zu erhaschen (abgesehen vom Wahlrecht, welches ich durachaus gerne hätte). Ich bin hier heimischer als in den Ländern, die ich zuvor bewohnt habe. Das Ruling selber dauert in Polen 6 Monate (so die Auskunft der Woiwodschaft). Ich muss also so langsam mit den Abklärungen starten.


    Warum genau willst Du Dich in Polen "anmelden"? Das Modell "Du lebst in der Schweiz und fährst Frau und Kind die in Polen leben am WE besuchen" wäre doch das pragmatischste und käme der gelebten Praxis am nächsten.


    Weil die Arbeit, die ich für die Schweizer Aktiengesellschaft in Polen tätige, eben nur in Polen steuerpflichtig ist. Würde ich mich hier nicht ordnungsgemäss anmelden, wäre das also nicht korrekt. Vielmehr muss mein Einkommen, welches ich in der Schweiz "erarbeite", in der Schweiz besteuert werden (und zwar an der Quelle), das Einkommen, welches ich aber in Polen "erarbeite", aber in Polen. Es scheint unerheblich zu sein, dass es sich hierbei um den gleichen Arbeitgeber handelt.


    Selbst wenn ich mich von der Polnischen AG anstellen lassen würde, wäre das Problem nicht aus der Welt und ich wäre in Polen steuerpflichtig. Allerdings könnte ich dann in der Schweiz "normal" angemeldet bleiben. In diesem Fall könnte ich die Fahrtkosten und die Kosten für die Schweizer 1/2-Zimmerwohnung nicht absetzen. Das wäre aber verschmerzbar. Was hier das beste Setting ist weiss ich einfach nicht nicht.



    Zu Bedenken sind weiter Auswirkungen auf die AGs, insofern es "Eure" AGs im Sinne der Anteilseigner und der Verwaltungsräte sind. Hier kann eine Verlagerung der Ansässigkeit ins Ausland auch nicht vorgenommen werden, da eine Schweizerische AG immer durch einen Verwaltungsrat oder Direktor mit schweizerischem Wohnsitz als Inhaber einer Einzelzeichnungsvollmacht vertreten sein muss.

    Das wäre in unserem Fall kein Problem. Mein Treuhänder ist im Verwaltungsrat und hat Prokura. Die Aktien habe ich gezeichnet, aber das spielt ja keine Rolle.

  • Hallo Jan,


    ich denke dein Fall ist schon sehr speziell. Dein Vorgehen mit Treuhändern und verbindlichen Auskünften der beteiligten Steuerbehörden ist definitiv anzuraten.
    Hier im Forum gibt es keine rechtsverbindlichen Auskünfte dazu.


    Markus ist sicherlich noch am besten dazu geeignet, dir dort Ideen zu geben (da er selber eine AG hat).
    Mir fällt spontan nur ein, dass du auf die sechs Monate Auslandsaufenthalt schauen solltest. Also falls du dich länger als sechs Monate nicht in der Schweiz aufhältst. Das hat auch als eingebürgerter Schweizer Gültigkeit, wie ich auf einem Finanzstammtisch in Zürich von einem Schweizer erfahren habe.



    VG basileus

  • Ich sehe es leider ähnlich: Am Ruling führt wohl nichts vorbei. Ich hatte halt gehofft, dass schon einmal jemand in der gleichen Situation war.


    Dass ich die Niederlassungsbewilligung verliere, war mir klar. Aber auch den Pass? Nach 6 Monaten?

  • Du kannst doch einen Wohnsitz in Polen melden und falls dort Einkommen erwirtschaftet wird, wird es ganz normal versteuert. Und die Ansässigkeit belässt Du in der Schweiz. Genau für den Fall ist doch das DBA gedacht. Und es erwähnt explizit den Fall der zwei Wohnsitze in beiden Ländern, nur die Ansässigkeit muss einmalig bestimmt werden. Und die würde ich mit der Rückkehroption und dem ohnehin geplanten Arbeiten (Aufenthalt über 50% der Zeit) tatsächlich hier belassen. Daher verstehe ich immer noch nicht wieso ein Wechsel zu einem Wochenaufenthalter nötig sein sollte. Absatz 4 2. c) im DBA Polen Schweiz regelt bei gewöhnlichem Aufenthalt in beiden Staaten genau die Situation: es wird der Staat als Ansässigkeitsland angenommen, dessen Staatsbürger man ist. Insofern der Schweizer Pass bis dahin vorhanden ist und Du auf den deutschen verzichtest, ist die Situation recht einfach. Der Aufenthalt Deiner Familie in Polen soll nach Deinen Aussagen nur zu Ausbildungszwecken stattfinden.


    (Ich habe auch noch einen Job in Luxemburg der dort ganz normal besteuert wird.)


    Den Pass verlierst Du nicht, musst Dich aber entsprechend als "abwesend" melden. Das gilt aber nur bei ununterbrochenem Aufenthalt im Ausland. Regelmässige Rückkehr in die Schweiz behebt dieses Problem.

  • Du kannst doch einen Wohnsitz in Polen melden und falls dort Einkommen erwirtschaftet wird, wird es ganz normal versteuert. Und die Ansässigkeit belässt Du in der Schweiz.

    Wenn die polnischen Behörden das mitmachen: Ja. Nur werden die natürlich argumentieren, dass meine Familie in Polen wohnt, ich dort Immobilien halte, Geschäftsführer eine Aktiengesellschaft bin und ich am Wochenende zurückkehre. Ich verdiene auch für Schweizer Verhältnisse nicht super schlecht und in Polen gehöre ich ziemlich sicher zu den Spitzenverdienern. Solche Steuerzahlungen greift sich jeder Steuerkomissar gerne.


    Ich bin vom Typ her einfach ein Planer und möchte gerne wissen was auf mich zukommt. Ich war jahrelang für 4 Jahre nicht definitiv veranlagt (was zum Glück gut ausgegangen ist). Das ist einfach ein total blödes Gefühl, das ich niemandem wünsche. Und ich habe mir geschworen, dass ich das bei meinen nächsten Lebensphasenwechseln vorab abkläre, ob das alles okay ist. Wenn mir die Behörden beider Länder das Okay geben, werde ich hier wohnen bleiben (weil es einfacher ist). Ich glaube aber, dass die Polen da einen Kompromiss möchten. Und der AIA sorgt halt für eine recht unangenehme Transparenz (hat mein Schwager gerade erfahren dürfen).


    Was ich gerne vermeiden möchte ist, dass ich aus der Schweizer Sozialversicherung rutsche (https://www.ahv-iv.ch/p/880.d Seite 10). Das scheine ich aber in fast allen Fällen vermeiden zu können (ausser ich lasse mich nur bei der polnischen AG anstellen). Die in dem Dokument genannten 25% beziehen sich nämlich (habe ich mir schriftlich bestätigen lassen) auf das Einkommen und nicht auf die Arbeitszeit. Somit wäre der Internationale Wochenaufenthalt ein Kompromiss, den ich mir vorstellen könnte zu gehen.


    Mit der Ausbildung meiner Frau (das ist korrekt) geht auch eine (sozialversicherungspflichtige) Anstellung in unterschiedlichen Notariatsbüros einher (Praktika). Ob das ggfs. nicht mehr als reiner Ausbildungsaufenthalt zählt, müssten wir dann ggfs. auch noch abklären.


    Also: Mir geht es nicht darum, dass ich irgendeine Option ausschliesse. Ich möchte einfach Gewissheit haben, dass die Behörden in beiden Ländern ein gemeinsames Verständnis mit mir über die Situation haben. Ich möchte nicht tricksen (steuertechnisch tun sich Polen und der Kanton Bern ohnehin nichts) und es einfach den Gesetzen entsprechend regeln.

  • Dass ich die Niederlassungsbewilligung verliere, war mir klar. Aber auch den Pass? Nach 6 Monaten?

    Nein, den Pass verlierst du dadurch nicht. AHV und ALV sind eher die Sachen, wo du dann drauf schauen musst.
    Wie gesagt, dass war nur eine Aussage die ich von einem Schweizer bei einem Stammtisch erfahren habe. Genau weil ich wg der B-Bewilligung und den sechs Monaten gefragt hatte.
    Derjenige hat eine Weltreise gemacht (mit dem Auto bis nach China und Russland) und musste offiziell innerhalb der sechs Monate einmal wieder in die Schweiz kommen
    Ich müsste da auch nochmal genauer nachschauen...



    VG basileus

  • Genau. Das mit AHV und ALV ist mir bekannt. Bei mir sollte diese "< 25%" Regelung" (siehe Quelle oben) aber locker reichen. Aber Danke für den Hinweis.