Lohnt sich die Schweiz?

  • Hi,


    Kurze knackige Frage an die Auswander-Experten:


    Ich bin in Frankfurt als IT Berater tätig und verdiene als Single rund 90k.


    Würde sich in meinem Fall die Schweiz lohnen? Laut Internet-Recherche könnte ich in der Schweiz auf rund 120k kommen; 150k wären wohl schon ein ziemlicher Glücksfall.


    Macht es da Sinn, sich die Schweiz zu überlegen, wenn man Steuern und Lebenshaltungskosten abwägt?


    Freue mich auf Eure Antworten,


    Johannes

  • Hallo Johannes


    Zuerst einmal: 90k sind ja nicht schlecht. Des Geldes wegen würde ich daher nicht auswandern. Und: ich würde sowieso nur in Extremfällen nur wegen der Kohle auswandern.


    Aber es gibt viele andere Gründe in die Schweiz auszuwandern. Wenn du gerade den Ausblick hättest, den ich habe, wüsstest du was ich meine.


    Gruss,

    Jan

  • 116
  • Hallo Johannes, willkommen im Forum. Arbeitest Du mit Arbeitsvertrag, oder als Freelancer, Berater?

    Hi Amadeus,

    Ich bin hier in Deutschland Angestellter und auch die Gehaltsschätzungen für die Schweiz bezogen sich auf Festanstellungen.


    Freelancer könnte ich mir aber auch vorstellen, hier wie dort.

  • Wenn ich ehrlich bin, würde ich in Deutschland bleiben.


    Da du festangestellt bist, ist z.B. der deutsche Kündigungsschutz entschieden besser. Die schönen Gegenden hier kannst du im Urlaub genießen und für den Rest des Jahres ist Deutschland landschaftlich doch auch nicht schlecht, so zentral wie du wohnst. Außerdem stehst du finanziell mit deinem Gehalt doch super da. Du wirst dich da nicht wirklich viel verbessern bei den Lebenshaltungskosten hier.


    Ich habe durch meine Frau fast nur noch Kontakt mit Schweizern. Von der Mentalität der Menschen her fühle ich mich in Deutschland trotzdem wohler, jedenfalls im westlichen Teil.


    Ich müsste da an deiner Stelle nicht lange überlegen.

  • Hoi Johannes13,


    bei mir ähnliche Situation (IT und Gehaltsklasse in D), bin seit Sept. hier und habe nun in der Schweiz rund 40k p.a. mehr, von Netto 4300 Euro auf 7300 Franken (Krankenversicherung in Schweiz schon abgezogen).


    Vorteile in CH:

    1. Die wesentlich niedrigere Einkommenssteuer (Kantonbezogen, bei mir 8,5%).

    2. Niedrigerer Krankenversicherungsbeitrag (nur die Grundversicherung)

    3. Niedrigere MwSt.

    4. Wenn grenznahe Wohnung: Größere Einkäufe in D möglich, denn bis zu gewissem Betrag wird die deutsche MwSt. erstattet.

    5. Nette Schweizer sprechen auf Bitte hin auch Hochdeutsch

    6. Schweizer sind in der Regel viel freundlicher und hilfsbereiter als Deutsche, auch im Job und bei Behörden.

    7. Lebensmittelqualität wie Gemüse, Obst, Käse, Fleisch- und Wurst wesentlich besser

    8. Strompreise niedriger

    9. Mietstandard oft besser (Minergie, Wärmepumpentechnik, moderne Technik, voll ausgestattete Küchen plus Trockner und Waschmaschine). Zudem (noch) mehr Mietwohnungsangebote. Ausnahme Zürich und Zug.

    10. Anfragen/Angebote von Headhuntern genauso wie in D, da ITler gesucht.

    11. Wunderschöne Gegenden/ Natur

    12. Gute Handwerker, auch terminlich besser

    13. ÖPNV ist besser, pünktlicher und sauberer

    14. Im IT Bereich gibt es Unternehmen mit Jahresarbeitszeit, somit flexibler in der Arbeitszeitgestaltung.

    15. Homeoffice (wenn möglich) eher Standard

    16. Internet- und Handytarif günstiger für die angebotene Leistung (wir sind bei go-mo.ch)


    "Nachteile" in CH:

    1. Grundversicherung deckt weniger ab als in D, z.B. keine Zahnversicherung enthalten.

    2. Schwyzerdeutsch schwer zu verstehen.

    3. Trotz niedrigerer MwSt sind die Kosten für Möbel, Technik, sonstige Haushaltsartikel, Kleidung, Tierbedarf, Drogerieartikel und Lebensmittel (insb. Fleisch) und Alkohol teurer, teilweise doppelt so teuer.

    4. Mietkosten ebenfalls bis doppelt so teuer.

    5. Versicherungen etwas teurer, aber auf jeden Fall mit höherem Selbstbehalt als in D (Autoversicherung habe ich keinen Vergleich, da noch in D versichert).

    6. Schweizer sind gefühlt etwas reservierter, d.h. etwas schwerer Kontakte zu schließen.

    7. ÖPNV ist teurer, Benzin nur etwas teurer.

    8. Regelarbeitszeit 42 Std, bei mir 41 Std.

    9. Geschäfte schließen früher, Mo-Fr oft gegen 19 Uhr, Samstags gegen 17 Uhr. Daher Einkauf etwas stressiger.

    10. Weniger Kulanz bei Geschwindigkeitsübertretungen, Strafen höher.

    11. Mülltrennung aufwendiger und Entsorgung teurer, Sperrmüll weitaus teurer, daher vor Umzug ausmisten.


    Fazit: Für uns lohnt es sich allein finanziell, da die Mehrkosten geringer als der Mehrverdienst sind.

    Aber auch die Freundlichkeit im Alltag und die Natur wären bei finanziellem "Unentschieden" für uns Grund genug gewesen, auszuwandern.

  • HI, danke für die Antwort. Es stimmt natürlich dass auch D einiges zu bieten hat.


    Bei den finanziellen hatte ich mal folgende zwei Beobachtungen aufgeschnappt:

    • Zum einen ist wohl das Gehaltsgefüge in der Schweiz deutlich enger zusammen, so dass vor allem kleinere und mittlere Gehälter rund doppelt so hoch seien wie in D. Bei höheren Gehältern reduziert sich das dann in etwa auf den Faktor 1.5
    • Ausserdem liest man oft, dass das Lohnwachstum in der Schweiz langsamer sei, da die Wirtschaft wegen des starken Frankens unter Druck stünde.
  • Das mit dem Lohnwachstum stimmt zum Teil. Jedenfalls in meiner Firma wurden lächerliche 0,5 % mehr Lohn immer gefeiert wie 5 %. Bei meiner Frau sieht das wieder ganz anders aus. Aber sie hat eh die bessere Firma. Da stehe ich manchmal mit grossen Augen da, was auch in der Schweiz alles geht.

  • Zum generellen Lohnwachstum kann ich noch keine Aussage treffen.

    Allerdings ist die Inflation in der CH momentan auch um mind. 7% niedriger als in D.

    10,4% Inflation vs. 5% (als Beispiel) Gehaltserhöhung in D oder

    3% Inflation vs. 0,5% (als Beispiel) Gehaltserhöhung in CH


    Realverlust somit in CH niedriger.


    Die Prognosen bezüglich der Inflation in D in 2023 sehen leider nicht viel besser aus.

  • Du kannst die Inflation in der Schweiz nicht mit der von Deutschland vergleichen.

    Die ist Beschönigt so wie die Arbeitslosenzahlen.

    Deutschland und Schweiz Rechnen anders.

    Frag doch mal einen Schweizer wenn du Gelegenheit hast.


    Zb. Arbeitslosen fallen nach 1 1/2 RAUS aus der Statistik und Tauchen auch nicht mehr auf.

    Sind dann halt Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungsempfänger ,aber werden nicht mit den Arbeitslosen dazugerechnet.

    Bei der Inflation ist auch nicht ALLES drinn im Warenkorb wie in Deutschland.


    Das habe ich nicht von mir ,sondern von meinen Schweizer Kollegen und Kinder und Geschwister die noch drüben Wohnen.

    Die Regen sich auch auf das die Zahlen so nicht stimmen un d die Schweiz immer BESSER dargestellt werden als es ist.


    Ich sage nicht das die Inflation in der Schweiz gleich ist wie in Deutschland ,aber der Unterschied ist nicht so gross.


    Trotzdem wird das Leben in der Schweiz teurer, im nächsten Jahr steigt die mittlere Krankenkassenprämie um 6.6 Prozent. Wieso fliessen die Prämien nicht in die Teuerungsrate mit ein? Immerhin können diese bis zu einem Fünftel des Haushaltsbudgets ausmachen. Die Teuerung basiert auf dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK), der die Konsumausgaben der privaten Schweizer Haushalte abbildet. Sozialversicherungen, Investitionen und Steuern werden nicht abgebildet. Die obligatorischen Krankenversicherungsprämien sind keine Konsumausgaben und deshalb nicht im LIK erfasst. Die Entwicklung der Krankenkassenprämien wird in einem separaten Index, dem Krankenversicherungsprämien-Index, abgebildet.

  • Die Schweizer Kollegen beschweren sich momentan nur darüber, dass das Einkaufen in D so teuer geworden ist :winking_face: , da sie dies immer gut genutzt haben. Gerade was Windeln u.ä. betrifft, decken sich viele in D ein.

    Über die Schweiz kommen momentan als einzige "Klagen" von Kollegen mit Kindern, dass sie bei den Zusatzversicherungen der KK die Mehrkosten merken.

    Was die Warenkörbe betrifft, gibt es hier von dem Kieler Institut für Weltwirtschaft einen CH Inflationswert mit deutschen Gewichten, selbst dann ist in D die Inflation noch 5% höher (Juli 2022)

    https://www.ifw-kiel.de/fileadmin/Dateiverwaltung/IfW-Publications/-ifw/IfW_Box/2022/Box_2022-06_Welt_Herbst.pdf


    Ich sehe persönlich in den letzten 3 Monaten weitaus höhere Preissteigerungen bei unseren Einkäufen in D, als in CH.

    Was unsere CH KK betrifft, steigt diese 2023 um 2,6%, in D hätten uns höhere Kosten erwartet.

    Strompreis als weiteres Beispiel, in 2023 knapp 23 Rp pro kwh hier in CH, in D lag er dieses Jahr schon bei 34 Cent...

    In der Schweiz ist auffällig, dass vieles vom entsprechenden Kanton/Wohnort abhängig ist, was dann entsprechend den Inflationswert komplett verändern kann. In Niederhelfenschwil steigt der Strompreis z.B. von 18,31 auf 57,11 Rp/kwh, da wären wir auch sehr sehr sauer.

  • Das ist noch nicht einmal nur kantonsabhängig. Im Nachbarort ist der Strom ab Januar doppelt so hoch wie bei uns im Ort. Deshalb sind solche Inflationswerte nicht allgemeingültig, sondern nur ein Durchschnitt.


    Ich bin froh, dass bei uns der Strom preis nur moderat angehoben wurde. Jetzt, wo wir eine Wallbox installiert haben und aufs E-Auto warten, wäre der doppelte Preis fatal.

  • Es gibt in diversen Zeitungen gute Artikel, warum die Inflation in der Schweiz, gerade was Lebensmittel und andere Dinge angeht, vergleichsweise moderat ist. Der starke Franken, wie auch der stark abgeschottete Markt spielen dabei eine Rolle. Oder anders gesagt: Da die Preise eh schon immer so hoch waren, gibt's quasi ein bisschen mehr Puffer :winking_face:


    Ansonsten merke ich die Inflation in unserer Kantine in Basel: Preise sind gleich geblieben, aber die die Portionen werden mickriger und die Gerichte simpler, Nachschlag wird verwehrt.

  • Vielen Dank für deine Super-detaillierte Antwort!


    Das mit dem Lohnwachstum stimmt zum Teil. Jedenfalls in meiner Firma wurden lächerliche 0,5 % mehr Lohn immer gefeiert wie 5 %. Bei meiner Frau sieht das wieder ganz anders aus. Aber sie hat eh die bessere Firma. Da stehe ich manchmal mit grossen Augen da, was auch in der Schweiz alles geht.

    Da hast du mich jetzt schon neugierig gemacht! Welches Unternehmen oder Branche sollte man sich da aussuchen?

    Einmal editiert, zuletzt von Maik () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Johannes13 mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Bingo, das trifft den Nagel auf den Kopf. Viele Schweizer sind erstaunlich leidensfähig, und man bindet es hier auch nicht gleich jedem auf die Nase, wenn man finanziell nicht gut dasteht. Ich kenne Schweizer!, die müssen als Singles mit ca. 3.500 pro Monat abzgl. KV abzgl. Steuern auskommen. Alles Frauen, und besonders schlimm ist es auch hier für Alleinerziehende. Einige träumen sogar vom Auswandern, denn das grosse Problem ist, hier können sie keine neue Ausbildung mehr machen.


    In der Schweiz wird einem permanent eingetrichtert dass es das beste Land der Welt sei.


    Die grösste Unverschämtheit habe ich neulich beim Medikament Ozempic entdeckt. In Deutschland kostet die Packung mit 3 Pens 230,- Euro, in der CH bekommt man für 220, CHF genau EINEN Pen! Also für 3 Pens 660 CHF, zu 230,- in Deutschland. So wird man hier abgezockt.


    Als ich damals hierhin gekommen war habe ich es hier wirklich toll gefunden, und das war es auch. Tolle Landschaft, genug nette Arbeitskollegen, und das Gehalt war ordentlich, man konnte das Leben geniessen. Aber, die Löhne sind seit 2008/9 nicht mehr gestiegen! Und um die CH herum in der EU haben sie sich nahezu verdoppelt. Es gibt inzwischen hier auch einen harten Konkurrenzkampf in den unteren Lohngruppen, immerhin sind seitdem deutlich über eine Millionen !! Menschen mehr in der Schweiz, plus die inzwischen auf den Arbeitsmarkt drängenden "Segundos". Dadurch hat es seit langem keine merkbaren Lohnzuwächse mehr gegeben.


    Für mich ist die Inflation eine Katastrophe, weil ich raus muss aus der Schweiz, muss ich im neuen Land eine Immo kaufen - und die Preise dort, wo wir hinwollen, haben sich seit 2018 glatt verdoppelt. Da ich mich entschieden habe, in der PK anzusparen, diese aber praktisch keine Zinsen abwirft und ich ja auch nicht einfach Geld entnehmen kann, ist das, was ich dort knapp 20 Jahre lang angespart habe innerhalb weniger Jahre auf 50% geschrumpft.


    Ich sage das als warnendes Beispiel für andere, nicht um zu jammern. Im neuen Land werde ich hoffentlich noch einige Jahre arbeiten können und es kommt schon gut :smiling_face:

  • Ich denke, du musst nicht in jedem Faden deine Abneigung gegen die Schweiz und ihre Einwohner wiederholen. Eigentlich war das ja für jede(n) hier nach dem ersten Beitrag ersichtlich, spätestens aber nach dem zweiten. Alles danach ist nur noch nervig, weil nichts Neues.

  • Danke dir für die ehrlichen Worte und du meinen Beitrag unterstützt. Hoffe viele überlegen es sich 2mal bevor sie so einen Schritt wagen.Ich mach die Schweiz nicht schlecht wollte nur mal aufklären wie es wirklich so läuft da drüben und nicht alles Gold ist was glänzt.