Kann man die Schweiz mit 3 Kindern finanziell vergessen?

  • Kann man die Schweiz mit 3 Kindern finanziell vergessen, wenn man nicht gerade Doppelverdiener und Bankdirektor ist?


    Habe auf einer Seite folgenden Kommentar gelesen - und das bei nur 2 Kindern - was haltet ihr davon? Kinderbetreuung brauchen wir allerdings erstmal nicht -zwei gehen in die Schule und der andere bleibt lieber zuhause, aber dann halt kein doppelte Einkommen.


    "Wer mit seiner Familie in die Schweiz kommt oder dort eine gründen möchte, muss schon überdurchschnittlich gut verdienen.

    Beispiel Kinderbetreuung in der Schweiz. Bei den Kitas kommt man je nach Kinderalter und Region auf Kosten von 4500-5500CHF für zwei Kinder. Das sind im Jahr satte 54000 – 66000 CHF. (Für uns war das seinerzeit ein echter Schock. Da geht ein Gehalt komplett drauf.)

    Für eine Zahlspangen-Behandlung zahlt man ja nach Schwere der Fehlstellung bzw. Dauer der Behandlung zwischen 15000 – 30000 CHF. Überhaupt sind die Kosten für die medizinische Versorgung insgesamt sehr hoch. Es gibt keine Familienversicherung, sondern nur Kopfprämien. Die minimale Grundversicherung für eine 4-köpfige Familie mit kleinen und schulpflichtigen Kindern beträgt für eine Familie ca. 2000CHF pro Monat, wobei die Kosten in der Schweiz kontinuierlich steigen. Dazu kommen diverse Zusatzversicherungen und die obligatorischen Beteiligungen an den Krankheitskosten.

    Nicht zu vergessen, sind die sonstigen fixen Kosten, für Versicherungen (Hausrat, Haftpflicht, Rechtsschutz, Autoversicherung, Vorsorge, etc.), diverse Gebühren, Strom, Wasser, Miete, usw. Da kommen schnell nochmals 3000-6000CHF pro Monat zusammen. Dann kommt noch der ganze Konsum dazu. Mit 12000-15000CHF/Monat Lebenshaltungskosten kann man als Familie locker rechnen. Das entspricht 140000 – 180000 CHF pro Jahr."


    Wie realistisch ist das?

  • Hoi,


    Familie mit zwei (kleinen) Kindern im Grossraum Zürich hier. Die genannten Zahlen stimmen, wenn man nicht unbedingt sehr optimiert lebt.


    Bei der Krankenversicherung z.B. zahlen wir deutlich weniger ~1300CHF/ Monat inkl. Zusatzversicherungen. Was AUSGESPROCHEN günstig ist, aber da muss man halt die Zeit reinstecken und recherchieren, was auch eine gründliche Überlegung der Franchisen mit einschliesst.


    Kita-Kosten für drei volle Tage sind ~1500CHF/Monat und je Kind. Das älteste Kind geht zur Privatschule, macht nochmal 1000CHF/Monat.


    Einkäufe liegen bei ~1000CHF/Monat. Primär kaufen wir bei Aldi ein und "füllen" dann bei Migros oder Coop auf (Obst und Gemüse z.B., was dort deutlich bessere Qualität hat).


    TV/Internet/Telefon/2xHandy macht 130CHF/Monat. Hier haben wir ein sehr günstiges Kombi-Paket von UPC. Wiederum lohnt sich eine gründliche Recherche.


    Die Versicherungen (Hausrat, Haftpflicht, KFZ) sind zusammen ca. 1200CHF/Jahr. Auch hier kann man spielen Vollkasko ja/nein, Prämienversicherung, Höhe der Deckungssumme, Elektronik ja/nein.....


    Strom ist momentan 270CHF/Quartal bei uns.


    Wir haben 160% FTE Einkommen (meine Frau arbeitet nur Teilzeit) und haben so noch Geld, das wir zur Seite legen können, z.B. Säule 3a zur Altersvorsorge.

  • Ich halt die zahlen aus dem Artikel für realistisch. Die Schweiz ist finanziell gesehen nicht sehr familienfreundlich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man bei drei Kindern finanziell besser lebt als in Deutschland. Ich möchte aber gleich vorab sagen: Man wandert nicht nur des Geldes wegen aus. Wer das macht, der wird vermutlich ein unglückliches Leben haben. Aber natürlich: Geld ist immer ein Thema.


    Grundsätzlich ist es ja ganz einfach: Man ist relativ stolz auf die niedrigen Steuern und hohen Gehälter. Das ist ja auch wirklich schön. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass die geringen Steuern auch eine Schattenseite haben: Es gibt weniger Geld zum Verteilen. Wer also viele Kinder hat und nicht in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, so dass er KV-Prämienverbilligung oder Unterstützung bei der Kita bekommt (um nur zwei Beispiele zu nennen), der wird hier erheblich zur Kasse gebeten. Nun muss jeder für sich beurteilen, ob das für ihn gut oder schlecht ist. Pauschal kann man sagen: Für den gutverdienenden Single lohnt sich das, für den normalverdienenden Vater einer Grossfamilie bestimmt nicht. Und dazwischen gibt es viele Graustufen.


    Ganz vernachlässigen sollte man bei Auswandern ohnehin nicht, dass man "eher teurer" lebt als die Einheimischen. Man weiss weniger gut Bescheid, greift oftmals auf teurere Angebote zurück (freiwillig oder unfreiwillig) und die Familie ist nicht so nah, dass sie "eben mal" unterstützen könnte. Dazu kommen dann die Heimfahrten zur Familie - bei meinen Eltern, die schon etwas älter sind, bin ich sehr froh, dass ich die Möglichkeit habe sie regelmässig zu besuchen. Aber natürlich kostet auch das - das nimmt man dann hin.


    Zudem gehe ich bis heute davon aus, dass man sich bei jeder Auswanderung beweisen muss. Egal wohin man geht: Man muss zeigen, dass man "sein Geld" wert ist. Und das heisst in der Regel: Man startet zu etwas schlechteren Arbeitsbedingungen als die Schweizer und muss trotzdem mehr arbeiten. Das ist nicht Schweiz spezifisch, sondern diese Erfahrungen machen sehr viele in unterschiedlichen Ländern. Ich bin jetzt gerade in Polen und da ist es nicht anders: Gestern klagte mir ein Weissrusse (zu Recht) sein Leid, weil er für vergleichbare Arbeit trotz sehr guter Sprachkenntnisse erheblich weniger verdient als seine polnischen Kollegen. In der Regel normalisiert sich das natürlich über die Zeit, aber eine Auswanderung ist auch wirtschaftlich in der Regel kein Selbstläufer. Man bekommt nichts geschenkt und muss hart für den eigenen Erfolg arbeiten.


    Dann wäre da noch das ledige Thema Altersvorsorge: Wenn ich mal davon ausgehe, dass du Jahrgang 78 bist: Stand heute ist das gesetzliche Renteneintrittsalter noch 20 Jahre von Dir entfernt, statistisch bist du mit 18 Jahren in Rente. Das ist weit weniger als die 45 Jahre, die du für eine volle Rente arbeiten müsstest. Da Deine Frau kein AHV-pflichtiges Einkommen habt, könnt ihr nicht in die dritte Säule einzahlen. Die wirst das können, aber nachzahlen funktioniert in der ersten und dritten Säule (bisher) nicht. In der zweiten Säule kannst du nach 5 Jahren steuerbegünstigt einzahlen. Aber das wird dann eine harte Nummer, weil du in rund 15 Jahren zumindest deine zweiten Säule auf das maximum aufblasen solltest, um mit 65 Jahren auch in der Schweiz bleiben zu können - ich rede hier von einem Leben ohne Ergänzungsleistungen und ähnliches. Diese Problematik haben viele Auswanderer einfach gar nicht auf dem Schirm. Mich betrifft diese Problematik ebenfalls - wenn auch etwas weniger intensiv, weil ich früher gekommen bin. Meine Frau war aber auch schon 33 Jahre bei ihrem Zuzug (ich 24).


    Ich habe jetzt momentan ein absolutes Kontrastprogramm: Polen und Schweiz - viel weit auseinander kann ich mir die Mentalitäten gerade kaum vorstellen. In Polen haben die Leute wenig, aber es ist unglaublich warm und herzlich. Wenn man irgendwo zum Nachtessen eingeladen ist, ist das Gästezimmer in der Regel bereits vorbereitet, auch wenn die Chance minimal ist, dass man über Nacht bleibt. Wenn man zurück kommt (bspw. auf der Schweiz), umarmen einen die Nachbarn, weil sie froh sind, dass die Fahrt gut gelaufen ist und dass man heile wieder zurück ist. In der Schweiz vollkommen undenkbar: In Baar bekomme ich dann ein "Schön, wieder hier?" und in aller Regel war es das. Es ist nicht so, dass die Schweizer unfreundlich sind - das sind sie nicht. Aber sie sind distanzierter. Und das, obwohl ich wirklich bemüht bin bei allen Aktionen mitzuhelfen. Ich war bspw. dieses Jahr beim Weissen der Schutzräume dabei und habe auch beim Umbau des Spielplatzes mitgeholfen. Das rechnen mir die Einheimischen Baarer auch gross an und es gibt Einladungen zum Znacht oder ähnliches. Aber dieses extrem warme wird es in der Schweiz so nicht geben.


    Bei mir ist das Pendeln durch die zwei Wohnsitze momentan extrem zu intensiv. Das werde ich nicht lange durchhalten und auch nicht durchhalten wollen. Aber das ist ein anderes Thema und richtet sich eher an diejenigen, die über viele Jahre den internationalen Wochenaufenthalt planen. Ich verdiene viel Geld (für meine Verhältnisse), aber ich zahle das mit meiner Freizeit, weil ich fast jedes Wochenende im Auto, Zug oder Flugzeug verbringe. Dazu bin ich nicht mein Leben lang bereit. Dazu kommt, dass man auch teuer lebt: Zwei Wohnsitze wollen finanziert und unterhalten werden und weil man weniger Zeit hat, kauft man viele Leistungen ein - vom Restaurant bis zur Reinigungshilfe. Ganz einfach, weil man es selber zeitlich nicht mehr schafft.

  • Dann wäre da noch das ledige Thema Altersvorsorge: Wenn ich mal davon ausgehe, dass du Jahrgang 78 bist: Stand heute ist das gesetzliche Renteneintrittsalter noch 20 Jahre von Dir entfernt, statistisch bist du mit 18 Jahren in Rente. Das ist weit weniger als die 45 Jahre, die du für eine volle Rente arbeiten müsstest. Da Deine Frau kein AHV-pflichtiges Einkommen habt, könnt ihr nicht in die dritte Säule einzahlen. Die wirst das können, aber nachzahlen funktioniert in der ersten und dritten Säule (bisher) nicht. In der zweiten Säule kannst du nach 5 Jahren steuerbegünstigt einzahlen. Aber das wird dann eine harte Nummer, weil du in rund 15 Jahren zumindest deine zweiten Säule auf das maximum aufblasen solltest, um mit 65 Jahren auch in der Schweiz bleiben zu können - ich rede hier von einem Leben ohne Ergänzungsleistungen und ähnliches. Diese Problematik haben viele Auswanderer einfach gar nicht auf dem Schirm. Mich betrifft diese Problematik ebenfalls - wenn auch etwas weniger intensiv, weil ich früher gekommen bin. Meine Frau war aber auch schon 33 Jahre bei ihrem Zuzug (ich 24).


    RICHTIG das haben viele nicht auf dem Schirm,hab das Thema öffters mit Auswanderer in meiner Schweizer Zeit angesprochen,aber zuhören wollten die wenigsten.Die haben immer nur das GELD gesehen.

  • Kurz und knapp: Ja!

    Vergiss es wenn es Dir nur um die Finanzen geht. Du wirst nicht glücklich werden.

    Die Motivation zum Auswandern muss schon deutlich tiefgründiger sein. Man muss das Land und die Leute Lieben oder eine bessere Zukunft für die Kinder anstreben etc. um die mit der Auswanderung verbundenen Unannehmlichkeiten durchzustehen.

  • Man wandert nicht nur des Geldes wegen aus. Wer das macht, der wird vermutlich ein unglückliches Leben haben. Aber natürlich: Geld ist immer ein Thema.

    Die Absurdität der Überschrift des Threads hat mich hier reingebracht. Gibt es da eine Statistik, wie viele Elternpaare mit 3 und mehr Kindern in der Schweiz leben? Aktuell, und wie ihr wirtschaftlicher und sozialer Status ist?


    Jan ich stimme Dir zu :slightly_smiling_face: Wenn man/frau ein Land geil findet, wenn man da unbedingt leben will, dann schraubt man seine Ansprüche nach unten, was ich in der Karibik zum Beispiel nicht gemacht habe, da wollte ich nicht dauerhaft leben, oder man verdient sich die notwendige Summe, um in diesem geilen Land zu leben. Und dann aus purer Freude sich über jeden auf dem Planeten amüsiert, der anderswo lebt. :grinning_face_with_smiling_eyes: Kein Ort dieser Welt ist das Paradies und da es auf der Kugel kein freies Stück Land gibt mit eigener Fahne hissen, muss man sich mit mindestens einer der bereits bestehenden Ideologien irgendwie arrangieren. 98% der Weltbevölkerung lebt am Geburtsort. Mir kam das immer mehr vor.


    Das Schweizer zurückhaltender sind, das zähle ich zum Schweizer Kulturgut. Das Polen sehr herzlich und sehr gastfreundlich sind auch. Freu' Dich, dass Du zwischen zwei so unterschiedlichen Kulturen pendeln kannst. :dizzy: Das macht jede Kultur erträglicher :smiling_face_with_halo:

  • Anmerkung zu den Kosten der Zahnspange. Du kannst für die Kinder eine Zusatzversicherung abschliessen (dafür sollten die Zähne aber noch in Ordnung sein) und dann wird die Zahnspange von der Versicherung übernommen (Höhe 10.000-15.000 CHF)


    Auch ist der Wert 2000 CHF ziemlich hoch angesetzt, hier kommt es darauf an in welchem Kanton ihr wohnt, je nachdem wo man lebt, kommt man auch mit unter 1000 CHF aus.

    Es gibt je nach Kasse Zuschläge zu Fitness, Vereinssport oder Kurse (auch für Kinder).


    Wenn die Frau bei den Kindern zu Hause bleibt spart man sich ja auch die teure Betreuung. Natürlich sollte dann mit dem Einzelverdiener ein entsprechender Lohn erwirtschaftet werden.


    LG Kerstin

  • En kurzes Video von Heute in der 20 Minuten Zeitung.Ist in Schweizerdeutsch aber mit Untertitel in Hochdeutsch.

    «Trotz 8500 Fr. müssen wir von Monat zu Monat leben»


    Tabuthema «Working Poor»: «Trotz 8500 Fr. müssen wir von Monat zu Monat leben»
    Armut trotz Arbeit. Der Druck auf sogenannte «Working Poor» steigt. Rund 1,3 Millionen Schweizerinnen und Schweizer sind in irgendeiner Form armutsbetroffen -…
    www.20min.ch


    Finde die Wohnung für 2000.- in Zürich aber sehr günstig.