Es wäre fantastisch, wenn wir uns thematisch wieder näher in die Richtung "Auswanderung" bewegen und jegliche (egal von wem) persönliche Angriffe oder "Ratschläge" umgehend einstellen. Es ist uns allen klar, dass es hier sehr unterschiedliche Meinungen gibt. Aber wir werden in diesem Forum vermutlich nicht in der Lage sein das jeweils andere Lager zu überzeugen. Also versuchen wir es doch gar nicht.
BTT
Nele: Es gibt in keinem Land nur Licht oder nur Schatten. Kompromisse braucht es immer - aber es ist jedem überlassen welche Kompromisse er wo gehen möchte. Ich bin gerade in Polen. Das ist natürlich ein erheblich ärmeres Land als die Schweiz. Dafür gibt es gefühlt mehr Nächstenliebe. Das hat einen grossen Wert - gerade in schweren Zeiten. In Deutschland ging ständig durch die Presse, dass in Polen "die ganzen Massnahmen" egal seien. Das ist natürlich nur halb richtig: Die Regeln waren immer sehr streng (IMHO extrem viel strenger als in Deutschland, bspw. auch Maskenpflicht ausserhalb des Hauses, sofern man nicht im Wald ist), aber ein "echter Pole" kümmert sich nicht sonderlich um Regeln. Eine lustige Geschichte dazu ist, dass ich vor zwei Jahren auf der Gemeinde war, weil ich mich für den Fernsehempfang (GEZ/Serafe) anmelden wollte. Der Dzielnicowy (sowas wie ein "Bereichspolizist") hat mich daraufhin nach Hause geschickt, weil niemand diese "Steuern aus Warschau" zahlt. Und wenn ich anfange, müssen nachher alle zahlen. Wohlgemerkt: Ein Dzielnicowy ist ein Polizist. Das passt so gar nicht in die deutsche Kultur - aber ist sehr sympathsich, wenn man sich darauf einlässt. Ab dem kommenden Wochenende ist ganz Polen erneut "rote Zone" (ich fliege morgen nach Zürich, also bekomme ich das zuerst einmal nicht mit) - mit allen damit verbunden Einschränkungen. Auf dem Papier heisst das bspw. auch "Maskenpflicht" an vielen Orten sowie Fernunterricht für einige Schüler. Dort wo der Staat direkt zuständig ist (Maskenpflicht im Rathaus oder Fernunterricht) wird das auch "weitestgehend" umgesetzt. Das Problem als Auswanderer ist dann irgendwie, dass du "Gast" in diesem Land bist. Und eigentlich sollte sich ein Gast immer an die Regeln halten - so sehe ich das. Allerdings macht das natürlich nur bedingt viel Sinn, wenn du der einzige in einem riesigen Einkaufszentrum mit Maske bist.
Wer am Ende des Arbeitslebens oder bereits im Rentenalter auswandert, dem bleibt beinahe immer nur ein "günstigeres" Land. Ich kenne so viele Beispiele von Auswanderern, die in ihre Heimat zurück mussten, weil es finanziell einfach nicht drin liegt. Die meisten deutschen Auswanderer in Polen sind ebenfalls Rentner. Die sind oftmals nicht ganz freiwillig hier. Die Sprache ist extrem schwierig (zumindest für mich), so dass man die auch mit 60+ nicht einfach so lernt. Das ist anders als eine Auswanderung in die Deutschschweiz - oder meinetwegen auch nach Norwegen (als Kind habe ich sehr schnell norwegisch lernen können, weil die damalige "Statoil" direkt bei uns im Heimatdorf viele norwegische Familien untergebracht hat, die am Bau der Pipeline beteiligt waren - ja, so alt bin ich schon ;)). Eine Auswanderung muss in jedem Fall immer gut überlegt sein und das Geld spielt immer eine Rolle - wenn auch nicht jetzt, dann evtl. später. Aber: Geld sollte nicht den Hauptausschlag geben. Ich bin seit 2002/2003 - das sind nun fast 20 Jahre - mit einer kurzen Unterbrechung nicht mehr in Deutschland. Ich möchte auch nicht zurück, obwohl ich in Deutschland bei weitem nicht alles so schrecklich finde wie viele andere. Wie dem auch sei: Ich versuche alles so zu planen, dass ich im Alter flexibel mit der Wohnsitzwahl bin. Ich möchte nicht gezwungen sein aus wirtschaftlichen Gründen umzuziehen (zu zügeln). Ich möchte aber die Möglichkeit haben das zu tun, wenn ich möchte. Aktuell überlege ich durchaus, ob ich nicht einfach in 10-15 Jahren meine Sachen packe und in ein günstiges südliches Land ziehe. Etwas Sonne, Gelassenheit und mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben: Freunde und Familie.