Trevor
Ich freue mich, dass ich Dir und vielleicht manch Anderem weiter helfen konnte.
Vor allem aber, dass Du meine Botschaften verstanden hast!
Da hat sich die Zeit am PC für mich also gelohnt, obwohl ich etwas anderes zu tun gehabt hätte 
Bewerbungen schreiben oder einen Spaziergang ins Nachbardorf zu einem Auswandererehepaar, die mittlerweile über 50 Jahre in der Schweiz leben.
In meinem Dorf wohnt ein Isländer, der früher Bänker war und jetzt nachhaltigen Weinanbau und Kelterei betreibt.
Finde ich hochinteressant, diese Auswanderer.
Oder Lebensgeschichten, die mir Menschen ganz von sich aus anvertraut haben, während ich ihnen Blut abgenommen, einen venösen Zugang gelegt habe oder die ich im Kurs vom Arbeitsamt getroffen habe.
Die spektakulärsten waren ein Wirtschaftskrimineller und ein Drogenhändler, die nie wirklich gefasst wurden. Ich hatte nicht das Gefühl, dass sie ihre Taten bereut haben.
Wenn ich sie am Ende gefragt habe, ob sie Familie haben, sagten sie NEIN, sie wären kein Vorbild für ihre Kinder gewesen. Dafür steht ihre Familie (Eltern, Geschwister) hinter ihnen und sie haben ein gutes Verhältnis zu ihren Neffen und Nichten.
Ich weiss nicht, ob einer von denen sich seine Rente schon ausgerechnet hat!
Mein Vater hat ständig zu mir gesagt "Denk an Deine Rente".
Er hat auch so vieles Voraus gesehen, aber erst als schon passiert war!
Ich habe vorausgesehen, dass die Firma, die mein Vater nach der Wende mit einem Partner gegründet hat, den Bach hinunter geht. Das war dann tatsächlich so! Insolvenz angemeldet und jeder hatte eine halbe Million Schulden!
Vor 2 Jahren habe ich meinem Vater einen Brief geschrieben, dass er bei aller Voraussicht, nicht gesehen hat, dass seine Frau einmal an Parkinson erkrankt! Er ihr jetzt das zurück geben müsste, was sie für ihn und seine Kinder getan hat. Ein Mann ist nämlich nur so stark, wie die Frau an seiner Seite!
Ich habe meinem Vater vergeben. Weil ich seine Lebensgeschichte kenne und weiss was er erlebt hat in seiner Kindheit! Unsere Eltern, die Eltern unserer Eltern usw. wussten nicht was sie tun! Woher auch.
Heute wäre ich froh meine Eltern wären bei mir in der Nähe!
Obwohl mein Bruder und mein Sohn in ihrer Nähe sind, bin ich ihnen näher!
Bei meinem Sohn, weiss ich dass ich mir keine Sorgen machen muss.
Nun tendiere ich wieder dazu, hier zu bleiben und die fehlende Familie durch Freunde zu füllen.
"Freunde sind die Familie, die man sich aussuchen kann!" Genauso ist es.
Ich bin mir sicher, dass Du Dir, Deiner Frau, noch mehr Deinen Kindern damit den grössten Gefallen tun kannst!
Sie werden es Dir danken, glaube mir!
Ich habe meine Familie (Eltern, Sohn und Enkel) und meine Grossfamilie (Freunde und eine allerbeste Freundin) in Deutschland zurück gelassen.
Die Besuche in der alten Heimat waren am Anfang jedes Mal der blanke Stress und ich war froh, wenn ich wieder zuhause war.
Hier in der Schweiz habe ich inzwischen wieder eine kleine Familie bekommen. Eine wo ich entscheiden kann, wer bei mir wohnen darf und wer nicht! Die Mehrzahl sind Schweizer oder Schweizerinnen, die sich in meiner Gesellschaft sehr wohl fühlen und ich bei ihnen. Mit denen ich mich austauschen kann und immer wieder Parallelen zu meinem Leben und meiner Kindheit in der ehemaligen DDR entdecke.
Werfen wir ~10-15 Jahre unserer eigenen Lebens- bzw. Rentenzeit weg, um näher an der Familie zu sein?
Und wenn man das so formuliert, muss die Familie wirklich grandios sein - aber was ist, wenn unsere Erwartungshaltung nicht passt, oder wir uns auseinanderleben, oder gar zerstreiten? Dann wäre das ein bisschen sinnlos gewesen...
Euer Leben in der ehemaligen DDR scheint mir im Moment, bis auf den Verlust eines nahen Familienmitgliedes, ziemlich perfekt. Vor allem, habt ihr ein Haus gebaut und Eure Ehe hat das ausgehalten.
Bei meinen Eltern und meinem Bruder war ein Haus dafür keine Garantie.
Mein Mentor, ein Schweizer (Hausarzt, inzwischen pensioniert), hat mir nicht nur die Gesundheitspolitik der Schweiz erklärt, sondern auch den Rest, wie die Schweiz tickt.
Als ich ihn vor 6 Jahren kennen und schätzen gelernt habe, sagte er:
" Die Schweiz hat vieles von Deutschland übernommen, leider auch das Schlechte!"
Schade eigentlich!
Am Anfang hatte ich noch das Gefühl, einiges läuft so wie in der ehemaligen DDR...
Im Moment habe ich das Gefühl ich bin in einem MISCH - MASCH von allem etwas.
DDR - BRD - Neuseeland (wenn man weiss, dass die nur Einwanderer ins Land lassen mit Vermögen und die Gesund sind, habe ich vor vielen Jahren mal gehört).
Mein ehemaliger Chef (ein erfolgreicher Kardiologe, mit Doppelleben, dem man das Alles nicht angesehen hat und der beste Chef, den ich je hatte) sagte an seinem 50. Geburtstag, er hätte alles erreicht was er erreichen wollte, wenn es jetzt für ihn vorbei wäre, ist es ok. 1 Jahr später war er tot!
Meine Kollegin und ich, haben zwar nicht die Welt bei ihm verdient, hatten jedoch immer Frei, wenn Ferien waren, eine 4 Tage Arbeitswoche, das war Work - Life - Balance.
Auch ein Mentor, von dem ich viel gelernt habe, leider hatten wir nur 3 gemeinsame, schöne Jahre.
Mit seiner Frau habe ich heute noch Kontakt, auch eine Ärztin. Ihr geht es inzwischen gut, nachdem sie alles verarbeitet hat...
Ja und falls jemand der Auswanderer, der neuen Generation immer noch Zweifel hat, dann stellt Euch (Frau und Kinder einbezogen, natürlich) doch die folgende Frage:
Was wäre wenn Euer/Mein jetziges Leben in 6/3 Monaten oder 1 Monat plötzlich vorbei wäre???
Das kann schneller gehen als man denkt!