Folge 3 von "Das gibt es nur in der Schweiz"
Im dritten Teil der Videoreihe "Das gibt es nur in der Schweiz" erwarten euch wieder zehn ausgewählte Beispiele, die Touristen und Auswanderer in der Schweiz zum Staunen bringen. Vielen Dank für euren vielen Vorschläge. Diese sind in dieser Folge sehr stark eingeflossen. Vielen Dank wieder einmal für euren zahlreichen Kommentare und Likes. Euer Lob und die schönen Vorschläge spornen mich an.
Im Folgenden findet ihr den Inhalt des Videos auch in Textform. Unterhaltsamer und Bildreicher ist natürlich das Video.
Pontoniersport
In anderen Ländern kennt man Pontoniere nur als Teil des Militärs. Die Hauptaufgabe der Pontoniere ist bzw. war es, die Bewegungsfähigkeit über Gewässer, hauptsächlich mit Hilfe von Kriegs- und Schwimmbrücken sicherzustellen. In der Schweiz ist Pontoniersport eine traditionelle Wassersportart. Steuermann und Vorderfahrer sind ein Team, welches das Übersetzboot oder Weiling auf optimale Weise auf dem Wasser fortbewegt und an den richtigen Ort führt. Der Parcours kann mit einem Hindernislauf auf dem Wasser verglichen werden. Es geht darum, verschiedene Übungsteile möglichst schnell und präzise sowie stilistisch einwandfrei zu absolvieren. Diese Sportart erfordert neben Kraft auch ein grosses Wissen über das Element Wasser. Jährlich werden etwa vier gesamtschweizerische Wettfahren durchgeführt.
Weltweit erste Cabrioseilbahn
Mit wehenden Haaren auf dem Gondeldach stehen und ein fantastisches Rundpanorama geniessen, das war die Idee dieser einzigartigen Seilbahn. Gäste des über 1'900 Meter hohen Stanserhorns im Kanton Nidwalden können das seit 2012 erleben. Bis zur Mittelstation legt man den Weg zunächst mit rumpelnden Holzwagons der Standseilbahn, wie vor über 100 Jahren zurück. Ab der Mittelstation wird es dann um so moderner. Die Luftseilbahn mit dem offenen Oberdeck ist eine der Hauptattraktionen.
Es ist schon ein besonderes Gefühl, oben auf dem Dach der doppelstöckigen Kabine die Fahrt mitzuerleben. Einfach mal den Fahrtwind und die Aussicht geniessen ohne störende Seile oder ein Dach über dem Kopf zu haben. Die CabriO-Seilbahn verfügt über ein offenes Oberdeck, welches auch während der Fahrt über eine Wendeltreppe erreicht werden kann. Insgesamt haben 90 Personen in der Seilbahn Platz, davon 30 auf dem Oberdeck.
Land ohne Hauptstadt
Die Bezeichnung von Bern als Hauptstadt ist falsch. Selbst die übliche Bezeichnung "Bundesstadt" ist streng genommen nicht korrekt. In der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft sind weder Hauptstadt noch Bundesstadt festgelegt. Erst auf Gesetzesebene wird festgehalten, dass Bern der Sitz des Bundesrats, der Departemente und der Bundeskanzlei ist. Warum ist das so?
Als die Schweiz mit der Bundesverfassung vom 12. September 1848 vom Staatenbund zum Bundesstaat geeint wurde, war man sich nicht einig ob die Schweiz überhaupt eine Hauptstadt braucht oder ob nicht eher ein Rotationsprinzip mit mehreren Vororten angemessener wäre, so wie man es die Jahre zuvor gemacht hatte. Kandidaten waren Zürich, Bern und Luzern. Der Streit darüber endete in einem typisch schweizerischen Kompromiss. Am 28. November 1848 wählten der National- und Ständerat die Stadt Bern im ersten Wahlgang zum Sitz der Landesregierung. Eine Hauptstadt hätte auch dem stark ausgeprägten Föderalismus widersprochen.
Die Banknote mit dem höchsten Wert
Die 1'000 Franken-Note der Schweiz ist die wertvollste im Umlauf befindlichen Banknote Europas. Auf Platz 2 folgt der 500 Euro-Schein. Von den Leitwährungen ist der 1'000 Franken-Schein sogar der wertvollste der Welt. Berücksichtigt man alle Währungen, liegt die Schweizer Banknote auf dem 3. Rang. Nur der 10‘000-Brunei-Dollar-Schein und der 10‘000-Singapur-Dollar-Schein haben einen höheren Wert. Der Brunei-Dollar und der Singapur-Dollar haben den gleichen Wert und einen festen Wechselkurs von 1:1, da diese in beiden Staaten akzeptiert werden. Deren Wert liegt bei ca. 6'500 Franken. Der Singapur-Dollar-Schein wird seit 2014 nicht mehr produziert, befindet sich aber weiterhin im Umlauf.
Man mag es kaum glaube, aber vom 1'000er sind in der Schweiz knapp 47 Millionen Stück im Umlauf. Zu Gesicht bekommt man ihn dennoch selten. Vermutlich wird die 1000er-Note vermehrt zur physischen Aufbewahrung von Vermögen in Bankschliessfächern oder ausserhalb von Banken verwendet. Zum Beispiel von Personen, die gegenüber Banken Misstrauen hegen, Negativzinsen vermeiden wollen oder ihr Vermögen nicht versteuern möchten.
In Bus und Bahn wundert sich niemand über Armeewaffen
In der Schweiz ist es völlig normal, dass Soldaten bzw. Rekruten am Wochenende oder an Feiertagen, wenn sie nach Hause entlassen werden, komplett bewaffnet in öffentlichen Verkehrsmitteln reisen. Dieser Anblick erstaunt Beobachter und Gäste vor allem aus dem Ausland immer wieder.
Dafür sind zwei Besonderheiten verantwortlich. Erstens leistet die Mehrheit der Soldaten ihren Dienst in der Schweizer Armee nicht am Stück, sondern über Jahre verteilt in Wiederholungskursen. Zweitens nehmen sie nach dem dreiwöchigen so genannten WK ihre ganze Ausrüstung mit nach Hause, inklusive Sturmgewehr oder Pistole. Die Idee dahinter stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert. Im Falle einer Mobilisierung der Schweizer Truppen sollen möglichst viele Soldaten innerhalb kürzester Zeit in den Kriegsdienst einrücken können. Dank des zuhause im Schrank gelagerten Gewehres, samt Munition, sollten sie sich den Weg zum Sammelplatz erkämpfen können, falls der Feind schon ins Land eingefallen wäre.
A-Post und B-Post
Bei der Schweizer Post gibt es zwei unterschiedliche Geschwindigkeiten. Wichtige Briefe werden mit der teureren A-Post versendet. Sofern diese bis Schalterschluss und Briefkastenentleerung abgegeben worden sind, werden die Briefsendungen bis am nächsten Werktag am Ziel sein. Unwichtigere Briefe werden mit der günstigeren B-Post versendet, die Zustellung erfolgt in der Regel bis zum dritten Werktag nach Aufgabe der Briefpost.
1991 konnte der damalige Staatsbetrieb die Flut an Post nicht mehr bewältigen. Um dieses Problem zu lösen wurden zwei Geschwindigkeiten und zwei Tarife eingeführt. Mittlerweile ist die Schweizer Post privatisiert und die Zahl die Briefe nahm ab. Das System mit A- und B-Post bliebt aber erhalten. Mit der A-Post signalisiert man dem Empfänger auch eine Wertschätzung und unterstreicht die Wichtigkeit des Briefes.
Bunker für die gesamte Bevölkerung
Im Notfall gibt es genug Platz in Bunkern und Schutzräumen für die gesamte Schweizer Bevölkerung. Zum Vergleich, in Deutschland gibt es nur Platz für knapp 3% der Bevölkerung. Die grosse Abdeckung der Schweiz ist weltweit einmalig und sogar im Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz vorgeschrieben. Zur Zeit des Kalten Kriegs nahm die Schweiz die Gefahr sehr ernst. 1963 wurde entschieden, dass es für alle Menschen im Land Bunker geben müsse, in denen sie im Fall eines bewaffneten Konfliktes, Atomaren Zwischenfalls oder einer Naturkatastrophe Schutz finden würden.
Folgendes schreibt das Gesetz vor: Sind in einer Gemeinde zu wenig Schutzplätze vorhanden, so sind beim Bau von Wohnhäusern Schutzräume zu erstellen. Neben der dicken Stahlbetontür gehören ein Ventilationssystem und eine Gasfilteranlage zu den elementaren Bestandteilen. Allerdings müssen Schutzräume mittlerweile in größeren Gemeinden nur noch bei grösseren Überbauungen erstellt werden. Wird beim Hausbau kein Schutzraum erstellt oder ist der Schutzplatzbedarf bereits gedeckt, so muss ein Ersatzbeitrag entrichtet werden. Bis zum Ernstfall dienen die Schutzräume häufig als Abstellkammer, Kellerabteil oder Werkstatt.
Der Röstigraben
Klingt lecker, aber bei diesem Graben geht es meist um Politik. Insbesondere um das unterschiedliche Abstimmungsverhalten bei einzelnen Volksabstimmungen und die damit einhergehenden kulturellen Unterschieden zwischen der französischsprachigen und der deutschsprachigen Schweiz. Da die Deutschschweizer in der Mehrheit sind, können diese bei Abstimmungen stärker das Ergebnis bestimmen. Durch die Übermacht der Deutschschweizer fühlen sich die Romands bei Themen mit einer grossen Diskrepanz manchmal benachteiligt. Das zeigt sich besonders häufig bei Themen zur Europafrage, Sozialpolitik und Umweltthemen. Die Romands sind in diesen Fragen deutlich offener als die Deutschschweizer, müssen aber dennoch bei unterschiedlichen Meinungen meist nachgeben.
In der Grafik der Technischen Hochschule Lausanne wird farblich dargestellt, wie ähnlich das Stimmverhalten zwischen den Gemeinden ist. Je gleicher die Farbe, desto ähnlicher das Stimmverhalten. Vergleicht man jetzt die Karten mit den Sprachenregionen der Schweiz, wird man feststellen, dass die Sprachgrenzen und die Grenzen beim Stimmverhalten sehr ähnlich verlaufen. Eine ähnliche Grenze gibt es auch bei der italienischsprachigen Schweiz, wenn auch weniger stark ausgeprägt. Dieser Graben nennt sich Polentagraben, ist aber nicht so populär wie der Röstigraben. In den letzten Jahren hat die Bedeutung des Röstigrabens bei Abstimmungen stetig abgenommen, dafür lässt sich mittlerweile häufiger ein starkes Gefälle zwischen der Stadt- und Landbevölkerung feststellen.
Die längste Treppe der Welt
Die Niesenbahn im Berner Oberland führt hinauf auf den am Thunersee gelegenen Aussichtsberg Niesen. Neben den Gleisen befindet sich hier ein Weltrekord. Die längste Treppe der Welt mit 11'674 Stufen. Leider ist die Treppe aus Sicherheitsgründen nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Treppe dient in erster Linie als Unterstützung für das Wartungsteam der Niesenbahn. Beim jährlich stattfindenden Niesen-Treppenlauf wird die Treppe auch für Sportler benutzt. Aber Achtung, beim Lauf müssen 1'669 Höhenmetern bezwungen werden. Die schnellsten Läufer benötigen dafür etwas weniger als eine Stunde. Zum Vergleich: Die Bahn benötigt für diese Strecke 28 Minuten. Und für den Wanderer wird von der Talstation in Mülenen eine Zeit von 5 Stunden bis auf den Gipfel angegeben.
Der Schweizer und sein Apfelmus
Dieses Thema jetzt bitte nicht zu ernst nehmen. Das ist auf keinen Fall böse gemeint und soll zum Abschluss dieser Folge nur ein wenig Satire sein.
Was dem Briten seine Pfefferminzsosse ist, ist dem Schweizer sein Apfelmus. So ziemlich jede Kultur hat eine kulinarische Schandtat drauf. Die Schweiz steht dem nichts nach. Makkaroni mit Hackfleischsosse, klingt lecker und ist es auch. In der Schweiz heisst das Ghackets mit Hörnli. Dazu wird für gewöhnlich noch ein Schälchen Apfelmus gereicht. Der Deutsche würde sich jetzt sagen: oh lecker Nachtisch. Und jetzt kommt das Verbrechen. So manch Schweizer nimmt sich jetzt das Schälchen, kippt es über die Hörnli mit Hackfleischsosse und beginnt genüsslich an zu essen. Ich als Ausländer sitz dann völlig fassungslos daneben. Und das ist beileibe keine Einzeltat. Bei dem bekannten Gericht Älplermagronen, bestehend aus Makkaroni, Kartoffeln, Sahnesosse, Käse und Zwiebel, wird vor dem Verzehr gern ebenfalls ein Schälchen Apfelmus darüber gekippt.
Kennt ihr noch weitere Einzigartigkeiten oder Ungewöhnliches in der Schweiz? Schreibt es mir auf YouTube in die Kommentare. Wenn euch das Video gefallen hat, würde ich mich über ein Like und ein Abo freuen.